Die Wohnungsgesellschaft Schleusingen möchte weiteren Wohnraum schaffen und damit für Entlastung auf dem angespannten Wohnungsmarkt sorgen. Wie sie das bewerkstelligen möchte? Ein konkretes Vorhaben gibt es.
Von Katja Wollschläger
SCHLEUSINGEN. Die Wohnungsgesellschaft Schleusingen möchte im Schleusinger Ortsteil Rappelsdorf zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Zwei Wohnblocks, die mittlerweile ein halbes Jahrhundert bewohnt sind und im jetzigen Zustand nicht mehr vermietet werden können, sollen saniert werden. Bitter nötig ist die Umgestaltung. Nur ein kleines Detail: Jede Wohnung wird einzeln beheizt – mit Holz- und Kohleöfen.
Doch nicht nur die Sanierung des Bestands, sondern auch einen Neubau sieht der Plan vor. Die Zauberformel lautet: Aus zwei mach eins! Mit einem Verbindungsbau soll die etwa zwölf Meter große Lücke zwischen den beiden Häusern geschlossen werden. In ihm sollen dann weitere Wohnungen entstehen – im Erdgeschoss barrierefreie. Und so könnten im Handumdrehen aus zwölf Wohneinheiten 21 werden. Neun neue sollen also geschaffen werden. Ein erster Schritt hin zu einem größeren Ziel: 50 Wohnungen würde die Gesellschaft gern zusätzlich anbieten. Wohnungen für Otto Normalverbraucher und Lieschen Müller. Auch in Rappelsdorf sollen keine Luxusapartments entstehen, wie hier und da der Buschfunk verlauten ließ. Auch ein Verkauf sei nicht vorgesehen, sagt André Schübel, Geschäftsführer der Wohnungsgesellschaft Schleusingen.
Doch das Projekt in Rappelsdorf liegt seit gut eineinhalb Jahren „auf Eis“. Warum? Weil noch nicht losgelegt werden kann. Für die Sanierung sind Grundrissveränderungen nötig und ein Leerzug der Immobilien ist zwingend erforderlich. Deshalb mussten die Mieter im Boot sein.„Ein Gebäude ist leer gezogen. Im zweiten wohnt noch eine Mietpartei“, schildert Schübel die Situation.
Ihm war und ist die Einigung mit den Bewohnern sehr wichtig. Deshalb war das Projekt von langer Hand vorbereitet worden. Bereits 2015/2016, kurz nachdem Schübel die Geschäftsführung der Wohnungsgesellschaft in Schleusingen übernommen hatte, habe es erste Gespräche mit Mietern gegeben. Schon damals hatte festgestanden, dass die Gebäude saniert werden müssen. Mit dem überwiegenden Teil der Mieter hat sich die Gesellschaft geeinigt. „Wir haben außergerichtliche Lösungen gefunden, Aufhebungsverträge abgeschlossen, die Mieter beim Umzug unterstützt. Etwa 50 Prozent konnten wir als Kunden halten.“ Allen wurden alternative Wohnungsangebote unter breitet. Das habe Zeit in Anspruch genommen. Eine Wohnung wird nun zum Jahresende noch übergeben – der Auszug der letzten Mietpartei allerdings muss gerichtlich geklärt werden. Wie lange das dauert? Schübel hebt und senkt die Schultern. Er hoffe, es gehe zügig. „Wir halten an unserem Vorhaben in Rappelsdorf fest. Unser Plan ist, es so um zusetzen, wie es erarbeitet wurde“, sagt er. Die Baugenehmigung jedenfalls liege seit gut einem Jahr vor.
Es hat sich auch schon etwas getan. Der Garagenkomplex am Haus ist abgerissen worden. „Das haben wir noch in den Plan für dieses Jahr einordnen können“, sagt Schübel. Das bereits leer stehende Haus soll noch vor Wintereinbruch abgesperrt werden. Entkernungsarbeiten laufen.
Die Rappelsdorfer Wohnungen gehören zum „Inventar“ der Wohnungsgesellschaft Schleusingen. Insgesamt hat sie die Oberhand über 293 Wohn-, 31 Gewerbe und sonstige Einheiten und 211 Stellplätze in der Stadt. 18.500 Quadratmeter Fläche vermietet sie, 4.500 gewerbliche Quadratmeter kom men hinzu.
Von den 293 Wohnungen sind 60 Prozent zwischen 50 und 70 Quadratmeter groß. André Schübel bezeichnet sie als „typische Dreiraumwohnungen im Plattenbau, die gut zu vermieten sind.“ Allerdings: die meisten ohne Balkon. Dort, wo sich eine energetische Sanierung anbietet, werde auch der Balkon nachgerüstet. So, wie jüngst bei den Wohnungen in der Anlage Themarer Straße in Schleusingen geschehen. 80 Prozent der Wohnungen seien übrigens bereits modernisiert oder zumindest teilsaniert.
Während größere Wohnungen vorhanden sind, mangele es an kleinen. „Wir haben zurzeit nur neun unter 40 Quadratmetern Wohnfläche im Angebot. Und der Bedarf solcher Wohnungen wächst.“ Auch deshalb sind Investitionen wie die in Rappelsdorf wichtig. Denn dort sollen auch kleine Einheiten entstehen.
In Schleusingen beträgt die durch schnittliche Kaltmiete 5,80 Euro pro Quad ratmeter, der Thüringendurchschnitt liegt bei 5,17 Euro. Bei Neuvermietung allerdings werden andere Preise aufgerufen. Da betrage die Kaltmiete im Durchschnitt sieben bis acht Euro pro Quadratmeter. Auch in den Rappelsdorfer Wohnblocks, wo zuletzt Kaltmieten von durchschnittlich 3,28 Euro gezahlt wurden, würde nach Sanierung eine Miete von acht bis zehn Euro pro Quadratmeter aufgerufen werden müssen.
Damit überhaupt investiert werden kann, muss man sich vorbereiten. Auf längere Sicht. Schübel verwendet dafür die Worte: „Wenn man Liquidität ansparen möchte für größere Projekte, dann muss man auch mal Gewinne in Kauf nehmen.“ Gewinne, die an gespart werden, um dann, wenn es zählt, den Eigenanteil für ein Projekt aufbringen zu können. Im vergangenen Jahr konnte ein Überschuss von rund 130.000 Euro erwirtschaftet werden. Die Eigenkapitalquote der Gesellschaft liegt übrigens bei 78,5 Prozent – und damit über dem Branchendurchschnitt.
Parallel arbeitet die Wohnungsgesellschaft Schleusingen auch an der Entschuldung.„Darauf lag in den vergangenen Jahren der Schwerpunkt. Wir haben planmäßig und außerplanmäßig getilgt“, hebt Schübel heraus. Betrugen die Schulden im Jahr 2015 noch etwa fünf Millionen Euro, sind sie mitt lerweile auf 2,37 Millionen Euro gesunken.
Und dennoch wird nicht nur gespart und getilgt. Es gibt einige Projekte, die momentan im Hinterkopf geparkt sind. Im Jahr 2023 war das Gebäude in der Hildburghäuser Straße 10, das einst zur Porzellanfabrik gehörte, später als Finanzamt genutzt wurde – und auch der Kommunalen Wohnungsverwaltung einmal als Sitz diente – abgerissen worden. Eine große Freifläche ist entstanden, die nun auf Entwicklung wartet. 1.300 Quadratmeter könnten einen Neubau mit Wohnungen, die in Schleusingen gut nachgefragt werden, vertragen. Doch momentan sei Bauen einfach nicht drin. „Die Auflagen, die Baukosten, die fehlende Förderung, die Finanzierung, der Ertragswert – alles nicht darstellbar“, sagt Schübel. Doch im Hinterkopf bleibt’s.
Text: Katja Wollschläger; Foto: Bastian Frank